Pilzköpfe gegen Betonköpfe. Live, Hamburger Abendblatt
Die Sonderschau „The Beatles - Back Irom the USSR" zeigt östliche Fankultur
TINO LANGE
Ironische Hommage: die Beatles mit
adretten Sowjetsoldat-Frisuren
"Die Jugend der Sowjetunion braucht diesen kakofonischen Müll nicht", soll Nikita Chruschtschow, Parteichef der KPdSU, in den frühen 60er-Jahren gezetert haben. Während im Westen die Beatlemania ausbrach, wurde die elektrische Gitarre hinter dem Eisernen Vorhang zum Volksfeind erklärt. Nicht mal Paul McCartneys Ode an die Mädchen Russlands und der Ukraine im Song "Back In The USSR" (1968) konnte die Herzen der Betonköpfe im Kreml erweichen. Und so wurde dem einzigen sowjetischen Plattenlabel "Melodiya" untersagt, Beatles-Songs zu veröffentlichen. Diplomaten und Sportlern, die Tonträger der Fab Four einschmuggeln wollten, bekamen ihre Schätze nur mit viel Wohlwollen vom Zoll zurück - natürlich sorgfältig zerkratzt.
Und doch ließ sich die Beatlemania auch vor Glasnost und Perestroika in der UdSSR nicht aufhalten. Verbote machen neugierig und Not erfinderisch, die Improvisationskunst im kommunistischen Osten ist legendär.
Lenon-Skulptur des Ukrainers
Igor Romanovsky
Fotos: Beatlemania
Millionenfach, so sind sich Experten heute einig, kursierten im Paradies der Arbeiter und Bauern bei Radio Luxemburg mitgeschnittene oder von erfolgreich eingeschmuggelten Platten raubkopierte Beatlessongs - Letztere wurden nicht auf der Mangelware Vinyl, sondern auf Röntgenfilm verbreitet. So wurden auch aus jungen Pionieren und Kadetten wie dem späteren Außenminister Igor Ivanow Beatles-Fans mit Haut und Haaren - bis auf die Knochen.
Ein angebliches Beatles-Konzert in Russland wurde zum Mythos
Fanartikel wurden im Eigenvertrieb unter der Hand weitergereicht, E-Gitarren in der Datsche gebastelt. Aus Klavier- wurden Bass-Saiten, aus Telefonhörern Tonabnehmer. Und bei einem angeblichen Beatles-Konzert auf einem russischen Militärflughafen bei einem Zwischenstopp 1966 auf dem Weg nach Japan will jeder dabei gewesen sein.
Die Sonderausstellung "The Beatles - Back from the USSR" zeigt nun vom 13. Januar bis zum 20. Februar die Beatles-Fankultur in der ehemaligen Sowjetunion und die Reaktionen der staatlichen Organe. Fantasievolle Fan-Devotionalien, ungewöhnliche Raubkopien und
TV-Dokumentationen zeigen, dass die Beatlemania weder im Westen noch im Osten aufzuhalten war. Und ist.
The Beatles - Back from the USSR 13.1. bis 20.2., Mo-So 10.00-19.00, Beatlemania (S Reeperbahn), Nobistor 10, Eintritt 12,-, Kinder b. 14 J. 8,-, Kinder u. 6 J. frei; www.beatlemania-hamburg.com
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